Microsoft droht allen OneDrive-Nutzern, ihre Daten demnächst in Geiselhaft zu nehmen, wenn sie mehr als 5 GByte belegen. Für OneNote-Nutzer bleibt die Microsofts-Cloud zwar aus technischen Gründen alternativlos. Alle anderen Daten können aber eine neue Heimat finden – eine, bei der vielleicht nicht unvermittelt die Wände zusammenrücken. Aber was, wenn der Platz auch für OneNote selbst nicht mehr reicht?
Wie Microsoft jüngst ankündigte, gibt es erhebliche Beschnitte der Speicherkontingente für die Cloud-Dienste, kostenlos (OneDrive) wie auch kostenpflichtig (im Rahmen von Office-365-Abonnements).
Ich möchte mich an dieser Stelle nicht mit der Frage nach Microsofts Motiven oder der Demontage von deren Missbrauchs-Ausrede und der löchrigen Argumentationskette aufhalten. Es gibt genügend Shitstorms im Netz dazu.
Jetzt gilt es vielmehr, sich ganz pragmatisch darauf vorzubereiten, dass irgendwann der „blaue Brief“ ins Postfach flattert. Der, in dem OneDrive-Nutzern nahegelegt wird, Speicherplatz zuzukaufen oder alle Daten, die mehr als 5 GByte belegen, zu entfernen – bevor Microsoft das tut – immerhin nach 12 Monaten Karenzzeit.
Und auch dann, wenn Nadella – was ich für durchaus denkbar halte – noch zurückrudert und zumindest Bestandskunden ihren Speicherplatz lässt, fühlen sich viele (mich selbst eingeschlossen) vielleicht nicht mehr allzu wohl mit OneDrive.
Ist das OneNote oder kann das weg?
Wie geht’s also weiter? Als erstes braucht’s wohl eine Bestandsaufnahme. Wieviel Speicher habe ich auf OneDrive, was für Daten belegen wieviel davon? Was muss bleiben, was kann weg (entweder komplett aus der Cloud oder zu einem anderen Dienst)? Zu den Datentypen:
- OneNote-Notizbücher: Die müssen bleiben – für geteilte Notizbücher oder solche, auf die man von verschiedenen Plattformen und Geräten (ohne eine Office-Ausgabe von OneNote) aus zugreifen will, gibt es aus technischen Gründen schlicht keine Alternative zu OneDrive. Mehr dazu im Beitrag OneNote und Dropbox – besser nicht.
- Office-Dateien: Word-Dokumente oder Excel-Tabellen könnte man durchaus auch auf einem anderen Cloud-Dienst unterbringen. In den Desktop-Versionen von Windows- und Mac-Office nutzt man als Speicherort dann eben den Synchronisationsordner (bzw. Unterordner davon) des jeweiligen Dienstes. Die Nutzung von mobilen MS Office-Apps wird allerdings unter Umständen ein wenig eingeschränkt oder zumindest unkomfortabler. Außerdem fallen die neuen Teamfunktionen (paralleles Arbeiten an Dokumenten) von Office 2016 wohl weg.
- Alles andere: Bilder, Backups, PDFs, sonstige Dateien müssen absolut nicht auf OneDrive liegen. Es gibt ebenbürtige Desktop- und Mobil-Clients für Dropbox, Google Drive, iCloud & Co., die genauso gut, wenn nicht sogar besser funktionieren. Viele bieten ebenso eine Foto-Upload-Automatik wie OneDrive, manche Dienste auch einen entsprechenden Speicherplatz-Bonus. Es sind nur zwei Hürden zu nehmen: Die Entscheidung für einen anderen Cloud-Anbieter und der mühevolle Transfer der Daten. Hilfen für beides weiter unten in diesem Beitrag.
Als nächstes sollten Sie herausfinden, welche Dateiarten wieviel Speicher belegen. Wichtig ist vor allem: Wie groß sind die OneNote-Notizbücher? Denn die müssen ja bleiben und sollten der 5GByte-Grenze nicht zu nahe kommen. Die OneDrive-Clients schweigen sich dazu aus. Auch im lokalen Synchronisationsordner von OneDrive sehen Sie den Speicherbedarf der Notizen nicht – hier liegen nur Links zu den Notizbüchern, jeder 1 KByte groß. Aber in der Weboberfläche von OneDrive geht’s:
- Öffnen Sie OneDrive im Webbrowser und navigieren Sie dort zu dem oder den Ordner(n) mit den Notizbüchern.
- In der Listenansicht (Umschaltung per Symbol rechts oben) steht der Speicherbedarf rechts in einer eigenen Spalte (s. Bild unten). In der Symbolansicht schalten Sie den Infobereich über das i-Symbol rechts oben ein und markieren dann die einzelnen Notizbücher.
Leider unterstützt die Weboberfläche noch keine automatische Addition des Speicherplatzbedarfs mehrerer markierter Dateien. Von da her bleibt nur Zusammenzählen im Kopf.
Wieviel Gesamtspeicher Ihnen im Moment noch auf OneDrive bleibt, steht links unten, wieviel Sie gesamt (also für OneNote-Notizen und alle anderen Dateien zusammen) verbraucht haben, leider nicht. Macht nichts: Ihr gesamtes Datenkontingent wird angezeigt, nachdem Sie auf Mehr Speicher abrufen (ebenfalls links unten) klicken. Ziehen Sie davon einfach den noch freien Speicher ab.
Der Platzbedarf der OneNote-Notizen liegt weit unter 5 GByte? Alles gut. Naja, fast. Wenn Sie sich bis jetzt keine Gedanken darüber gemacht haben, ob Sie neben Textnotizen, Handschrift, Webseiten und Bildern (das alles braucht vergleichsweise wenig Platz) auch große Dateien, Audio- oder gar Videoaufzeichnungen in OneNote speichern wollen, sollten Sie das künftig vielleicht tun. Immerhin: Der Zwang zum Haushalten mit den Daten ist bei weitem noch nicht so groß wie beim Konkurrenten Evernote. Außer Sie liegen schon dicht an der 5 GByte-Grenze.
In dem Fall besteht Handlungsbedarf – erst recht natürlich, wenn die OneNote-Notizen zusammen schon mehr als 5 GByte belegen. Welche Möglichkeiten haben Sie?
- Aufräumen. Klar, Sie können Ihre Notizen durchforsten und vor allem bei den „dicken“ Notizbüchern schauen, ob sich die nicht ausmisten oder vielleicht teilweise sogar ganz entsorgen lassen. Wer eine Office-Version von OneNote nutzt, kann einzelne Notizbücher vielleicht auch auf einen lokalen Speicherplatz übertragen (siehe dieser Beitrag) und/oder in ein Archiv wegsichern. Teilen und Zugriff von mehreren Geräten aus fällt dann freilich weg.
- Noch lässt Microsoft den Unterhalt mehrerer Konten zu. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das Unternehmen das künftig einschränken will. Legen Sie sich also einen Zweit-Account, vielleicht auch einen dritten und vierten zu. Jeder erhält 5 GByte OneDrive-Speicher. Verteilen Sie Ihre Notizbücher auf die Accounts (Desktop-OneNote für Windows: Auf neuem Account leeres Notizbuch anlegen, Abschnittsweise rüberkopieren oder verschieben). Zwar haben manche OneNote-Versionen Schwierigkeiten mit dem Verwalten mehrerer Accounts, aber das macht nichts: Geben Sie einfach von den Zusatz-Accounts aus alle dort lagernden Notizbücher dem Haupt-Account zur Bearbeitung frei. Mit dem melden Sie sich nach wie vor auf allen Systemen an.
Alternativen zu OneDrive
Jetzt sind die OneNote-Notizen also versorgt. Nutzen Sie OneDrive bisher auch als Speicher für andere Daten, die Sie auch weiterhin für den Überall-Zugriff in einer Cloud haben wollen (ich lasse Spezialisten-Lösungen wie NAS-Speicher, OwnCloud und VPN hier mal außen vor), möchten Sie also vielleicht einen anderen Dienst nutzen. Hier eine kurze Übersicht der populärsten Cloudanbieter mit den jeweiligen Gratis-Kontingenten und Preisen (immer pro Monat) für eine Aufstockung. OneDrive ist zum Vergleich natürlich dabei, und zwar mit den von Microsoft als künftig geltend angekündigten Preisangaben, soweit bekannt.
Populäre Cloud-Speicherdienste
Gratis-Speicher | 100 GByte | 1 TByte | Anmerkungen | |
---|---|---|---|---|
OneDrive | 5 GByte | 3,98 USD | (in Office 365, ab 10 EUR) | Neu "ab 2016" |
Dropbox | 2 GByte | - | 9,99 EUR | +0,5 GB pro geworbenem Nutzer |
Google Drive | 15 GByte | 1,99 USD | 9,99 USD | Fotos frei |
Box | 10 GByte | 8 EUR | - | Business-Tarife verfügbar |
Strato HiDrive | - (20 GB ab 79 ct) | 3,59 EUR | 9,90 EUR | Einrichtung einmalig 9,90 EUR |
* Der 100 GByte-Preis für OneNote ist nur umgerechnet. Das explizite 100 GB-Angebot entfällt. Statt dessen wird es 50 GByte für 1,99 EUR geben.
Dieser Beitrag ist kein Vergleichstest für Cloud-Dienste. Ich möchte an dieser Stelle also keine Empfehlungen aussprechen, sondern lediglich eine kleine Übersicht bieten. Ich selbst – falls es Sie interessiert – werde für Backups, Arbeitsdaten und -dokumente Strato HiDrive eine Chance geben. Mir ist einfach die Tatsache sympathisch, dass deren Server definitiv in Deutschland stehen und zumindest für US-Behörden deutlich schwerer im Zugriff sein dürften als bei den in den USA ansässigen Cloud-Anbietern. Demgegenüber steht allerdings, dass Strato HiDrive international wenig Bedeutung hat und daher von Mobil-Apps und Programmen nicht direkt unterstützt wird. Außerdem kostet schon der kleinste Speicherausbau bei Strato ein paar Cent im Monat. Hier wären Google Drive und Dropbox deutlich vorne, die ich vermutlich zusätzlich für Fotos verwenden werde.
Der Umzugstag
Sie haben sich für einen anderen Cloud-Dienst entschieden. Jetzt geht es an den Umzug der Daten.
Die meisten Cloud-Dienste (auch alle in der Tabelle) bieten zumindest für Windows-Rechner einen eigenen Synchronisationsclient. Der richtet entweder auf der lokalen Platte einen Ordner ein, dessen Inhalte künftig mit dem Cloudspeicher synchronisiert werden oder erlaubt die Angabe eines vorhandenen Verzeichnisses. Folgen Sie dazu einfach der jeweiligen Anleitung bzw. den Anweisungen des Setup-Programms.
Idealerweise nutzen Sie auch den OneDrive-Client für Windows (in aktuellen Windows-Versionen standardmäßig eingerichtet), finden im Explorer also auch einen OneDrive-Ordner. Dann ist der Datenumzug simpel:
Verschieben Sie alle Dateien vom OneDrive-Ordner in den Synchronisationsordner des neuen Dienstes (z.B. Dropbox). Danach heißt es nur noch warten, bis alle Daten in den neuen Cloudspeicher hochgeladen sind. Je nach Internet-Anbindung und Datenmenge kann das natürlich sehr lange dauern. Eventuell müssen Sie den Rechner mal eine Nacht lang laufen lassen.
Ganz wichtig! Achten Sie darauf, nicht die Links zu OneNote-Notizbüchern zu verschieben. Die müssen im OneDrive-Ordner bleiben!
Haben Sie keinen lokalen OneDrive-Client, wird’s etwas umständlicher: Alle Dateien in der Webbrowser-Oberfläche von OneDrive markieren, downloaden, in den lokalen Synchronisationsordner des neuen Dienstes auspacken (OneDrive verpackt bei dieser Methode mehrere Dateien und Ordner immer automatisch in eine ZIP-Datei) und abschließend wieder per Web-Oberfläche auf OneDrive löschen.
Wer den Datentransport lieber von einer Umzugsfirma vornehmen lässt, kann einen Service wie mover.io beauftragen. Der Dienst unterstützt viele gängige Cloud-Dienste (auch Dropbox, OneNote, Google Drive, nicht aber Strato HiDrive) und erledigt den Transfer ohne Umweg über Ihren PC. Inwieweit der für den privaten Gebrauch kostenlose Service reicht und wie reibungslos das Ganze in der Praxis abläuft, kann ich leider nicht sagen. Ich persönlich habe ein besseres Kontrollgefühl, wenn ich keinen Dritten (genauer in diesem Fall: Vierten) in die Aktion einbinde.
Was ich abschließend noch anmerken möchte: Es gibt Anleitungen hier auf dem Blog oder in meinen Büchern, die ich weit lieber geschrieben habe. Nicht wegen meinem MVP-Status (der macht mich keineswegs zum Microsoft-„Jünger“, sondern bestätigt nur meine Expertise), sondern aus echter Überzeugung habe ich bisher die OneDrive-Fahne ziemlich hoch gehalten. Die hängt jetzt auf Halbmast – nicht wegen der Kapazitätsbeschneidung oder dem neuen Preisgefüge an sich. Sondern wegen der mehr als fragwürdigen Art, mit der Microsoft das zu verkaufen versucht.
Vielen Dank für diese – wie immer – vorzügliche Zusammenstellung von Informationen! Der Artikel ist für mich sehr hilfreich und ich freue mich immer über diese aktuellen Einschätzungen.
Ich freue mich sehr über dieses Kompliment! Vielen Dank!
Das leuchtet mir zwar nicht so ganz ein, ich kann den Sync-QuerBeet-Salat aber ziemlich gut nachvollziehen.
Jedoch dreht es sich nicht nur um die externe Konkurrenz, sondern OneNote macht auch Zicken zwischen Outlook und Office.
Man gewinnt den Eindruck, bei MS intern weiß die eine Hand nicht, was die andere tut.
Wenn ich noch etwas helfen kann, was den Sync-Querbeet-Salat anbelangt, versuche ich das gerne. Ich weiß, dass das ein ziemliches Durcheinander ist.
Das mit Outlook / Office im Zusammenspiel mit OneNote gehört zwar nicht unmittelbar in dieses Thema. Betrachtet man das große Bild, aber möglicherweise schon.
Der Punkt ist einfach, dass das Office-OneNote seit nunmehr etwa 5 Jahren von den Entwicklern komplett vernachlässigt wird, besonders auffällig aber seit Anfang 2014 (als Nadella und die „Cloud-Direktive“) kamen.
Das Office-OneNote ist das einzige, das Notizbücher auch lokal oder im LAN speichern kann und nicht auf OneDrive & Co. angewiesen ist. Wie sich jetzt zeigt, hatte die Produktpolitik (nur die OneNote-Versionen weiterentwickeln, die zu OneDrive zwingen) System und folgte einem Kalkül.
Damit OneNote 2016 wieder „echter“ Bestandteil von MS Office wird und entsprechend Aufmerksamkeit erhält, ist eine deutliche Kursänderung seitens Microsoft erforderlich. Das ist jedenfalls meine persönliche Einschätzung.
Hallo Herr Wischner,
ich habe 2 Fragen zum Thema:
a) wie finde ich heraus, wie viel Speicher meine (3) Notizbücher derzeit verbrauchen?
b) wie finde ich heraus, was derzeit an Speicher auf OneDrive verbraucht ist.
Ich stelle aktuell recht viel auf OneNote um und würde da gerne einen
Überblick behalten.
Danke für eine Rückmeldung.
Gruß ein neuen OneNote Anwender 😉
Ich hätte den Artikel besser lesen soll. Sie haben das ja schon beantwortet.
Sorry ich war nicht aufmerksam.
Gruß
Hallo! Kein Problem; da hatte ich anscheinend vorher schon geahnt, was Sie fragen würden 🙂
Leute ich brauche HIlfe. Ich bin umgestiegen vom iPad auf das Surface Pro 3. Ich bin Student und habe auf dem iPad mit der App „PDFExpert“ gearbeitet. Ich schrieb in Vorlesungen mit einem Stylus direkt auf die PDF Datei. Das lief eig. immer ganz Problemlos. Meine ganzen PDF Dateien waren Synchronisiert mit der Dropbox, sodass alle Daten auch immer unterwegs zugänglich waren.
Jetzt habe ich auf dem Surface „Drawboard“ versucht. War aber eine Katastrophe.
OneNote gefällt mir eigentlich ganz gut wegen dem „unendlichen“ Platz nachdem ich die PDF Dateien in OneNote ausgedruckt habe.
Ich weiß nur nicht wie ich das mit dem Synchronisieren machen soll. OneDrive ist so eine Katastrophe. Ich weiß nicht wo ich die Notizbücher speichern soll?!
Bzw. ich bin total überfordert. Ich mag das OneDrive nicht.Kann mir jemand Tipps geben bzw eine Alternative nennen?
Man kann auch einfach auf das OneDrive-Symbol in der Benachrichtigungsleiste mit Rechtsklick -> Einstellungen -> Konto da wird der benutzte Speicherplatz angezeigt
Ja, Sie haben völlig recht. Vielen Dank für die Ergänzung!
Funktioniert bei neueren Windows-Clients und auch beim Mac. Ich gehe automatisch eher über den Browser, weil erstens systemunabhängig und zweitens ich persönlich für Desktop-Datei-Synchronisation und OneNote verschiedene Konten verwende.
Übrigens hat man bis zum 31.1. die Chance sich unter dem link https://preview.onedrive.com/bonus/ statt 5GB 15 GB auf OneDrive zu sichern. Das reicht eventuell bei vielen aus.
Sorry, steht auch fett hier auf der Startseite. Habe ich glatt übersehen..
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Vielen Dank für den tollen Artikel, er hat mir sehr geholfen, weiter so.