Viele Fragen zu OneNote – in den Microsoft-Foren oder auch hier – müssen inzwischen zunächst mit einer Gegenfrage gekontert werden, bevor eine Antwort möglich ist: „Um welches OneNote geht es?“.
Tatsächlich gibt es derzeit acht (!) teils extrem unterschiedliche Ausführungen von OneNote, ältere Versionen wie OneNote 2007, 2010, 2013 oder die Windows-8-App noch gar nicht mitgezählt.
Hier eine aktuelle (Jan 2016) Übersicht:
OneNote 2016 (MS Office-/ Windows-Version)
Diese OneNote-Version ist nicht mehr separat erhältlich, sondern wird mit der Windows-Ausgabe von MS Office 2016 (egal, ob Einzellizenz oder im Rahmen eines Office 365 Abos) installiert. Sie ist der direkte Abkömmling des „Ur-OneNote“ 2003 und seiner Nachfolger 2007, 2010 und 2013.
Das Office-OneNote verfügt über den größten Funktionsumfang und erlaubt vor allem als einziges, Notizbücher nicht nur auf OneDrive / OneDrive for Business und SharePoint zu speichern, sondern auch auf lokalen Platten oder Netzwerkfreigaben. Wer auf seine lokal gespeicherten Notizbücher mit anderen Geräten, Systemen oder OneNote-Versionen zugreifen möchte, muss sie zwingend zuvor in die Cloud transferieren.
Im Vergleich zum Vorgänger OneNote 2013 sind in 2016 zunächst überhaupt keine neuen Funktionen hinzugekommen. Im Gegenteil, die Scanner-Unterstützung beispielsweise wurde gestrichen. Es ist aber denkbar, dass Microsoft im Lauf der nächsten Zeit einige neue Features hinzupatchen wird – so schon geschehen mit der Option, Online-Videos in Notizen einzubinden.
OneNote 2016 (kostenlos)
Seit März 2014 bietet Microsoft den kostenlosen Download der Desktop-Version von OneNote an. Zunächst handelte es sich um einen Ableger von OneNote 2013, inzwischen gibt es unter www.onenote.com nur noch die 2016er Version. „Ableger“ deshalb, weil dieses OneNote weitgehend der Ausführung entspricht, die mit MS Office installiert wird. Allerdings hat Microsoft einige Funktionen in der kostenlosen Version gestrichen. Anfangs waren das sogar noch ziemlich viele. Inzwischen gibt es nur noch wenige wesentliche Einschränkungen des Gratis-OneNote-2016 gegenüber der Office-Fassung:
- Es lassen sich nur Notizbücher in der Cloud (OneDrive, OneDrive for Business) anlegen, öffnen und nutzen.
- Export und Backup in .ONE- und .ONEPKG-Dateien funktioniert zwar; das Öffnen dieser Dateien ist allerdings nur mit Einschränkungen möglich.
- Die diversen Office-Integrationsfunktionen (Einbinden von Excel-Tabellen und Visio-Diagrammen, Abgleich von Aufgaben oder Kontakten mit Outlook, Export ins Word-Format…) bleiben der Office-Version von OneNote 2016 vorbehalten. Die entsprechenden Menüpunkte fehlen der Gratis-Version. Das ist allerdings nur relevant für jene, die ein älteres Office (z.B. 2010) mit OneNote 2016 ausstatten wollen. Wer ein aktuelles Office nutzt, hat ja auch die zugehörige OneNote-Vollversion.
OneNote Universal App für Windows 10
Mit Windows 8 und den nicht überall beliebten touch-freundlichen „Kachel-Apps“ kam auch eine zusätzliche, kostenlose OneNote-Version. Die OneNote-App zeichnete sich vor allem durch ausgesprochenen Funktionsarmut (im Vergleich zum Desktop-OneNote für Office) und ein innovatives kreisförmiges Menü aus. Diese OneNote-App ist mit dem Erscheinen von Windows 10 wieder eingestellt worden. An ihrer Stelle tritt eine überarbeitete Version, die nicht mehr separat aus dem Microsoft-Store installiert wird, sondern fest zum Windows-10-Inventar gehört. Oberfläche und Bedienung wurden komplett überarbeitet; das kreisförmige Radial-Menü verschwand.
Geblieben ist allerdings der deutlich eingeschränkte Funktionsumfang; sogar einige Features aus der Vorgänger-App fehlten zunächst und wurden erst allmählich über Patches nachgereicht.
Die OneNote Universal App (so heißen die ehemaligen Metro- oder „Kachel“-Apps mittlerweile) sorgt allerorts für Verwirrung. Das liegt vor allem daran, dass sie sich prominent ins Windows-Startmenü einnistet und von vielen Anwendern als Nachfolger ihres gewohnten OneNote 2010, 2013 oder 2016 missverstanden wird. Die Universal-App lässt sich schon vor dem Start leicht erkennen: Ihr Symbol ist schlicht mit „OneNote“ beschriftet, während die Desktop- und Office-Ausgaben „OneNote 2010“, „OneNote 2013“ oder „OneNote 2016“ heißen. Wer die Universal App nicht nutzen möchte (obwohl sie zumindest auf Windows-Tablets eine echte Alternative ist), kann sie komplett ignorieren und mit dem gewohnten Office-OneNote arbeiten, dass sich spätestens nach Aufruf von „Alle Apps“ im Startmenü auffinden lassen sollte.
OneNote für den Mac (OS X)
Als Microsoft im März 2014 den Mac-Nutzern überraschend ein natives OS-X-OneNote kostenlos zur Verfügung stellte, war die Freude zunächst groß. Schließlich mussten die sich bislang mit der Web-Ausgabe oder einer Virtualisierungslösung wie z.B. Parallels begnügen.
Auf den zweiten Blick wurde aber schnell klar: Bei OneNote für den Mac handelt es sich um eine sehr stark eingeschränkte Version, die eher der iPad-Fassung entsprach als dem Windows-Office-OneNote. Im Lauf der kommenden Monate kamen zwar einige vermisste Features hinzu. Das Mac-OneNote ist aber nach wie vor vergleichsweise beschränkt.
Die Hoffnung, dass wenigstens MS Office 2016 für den Mac ein „vollwertiges“ OneNote mitbringen würde, zerschlug sich ebenfalls. Es wird zwar ein OneNote mit installiert, dabei handelt es sich aber um exakt dieselbe Version wie die, die man schon länger kostenlos aus dem App-Store laden kann. Einziger Unterschied: Patches und Updates gibt es hier über das Office-Update anstatt per Hand über den Store.
Was Mac-Nutzer Microsoft besonders übel nehmen: Auch die Mac-Version von OneNote kann ausschließlich in der Cloud gespeicherte Notizbücher nutzen. Außerdem fehlt – auch beim mit Office 2016 installierten OneNote – jegliche Verbindung mit anderen Office-Programmen. Es gibt keinen Aufgaben- oder Kontakte-Abgleich mit Outlook, kein Einfügen von Excel-Tabellen, keinen Word-Export. Vor allem der Cloud-Zwang wird wohl vorerst bleiben, da er einfach der aktuellen Firmenausrichtung von Microsoft entspricht. Möglicherweise bewegt steigender Druck von Geschäftskunden das Unternehmen aber doch irgendwann zum Umdenken.
OneNote für iOS (iPad, iPhone)
Eine OneNote-App für iPhone und iPad erschien schon Anfang 2011. Neben einer sehr eigenwilligen Optik und funktioneller Magersucht zeichnete sie sich vor allem durch den Versuch von Microsoft aus, ein Freemium-Modell einzuführen: Bis zu 500 Notizen war die App kostenlos; für mehr sollte bezahlt werden.
Davon kam Microsoft jedoch schnell ab. Die OneNote-Apps der zweiten Generation (Versionsnummern ab 2.x) wurden von Grund auf neu geschrieben und gestaltet, das Freemium-Modell entfiel. Inzwischen wurden den zwar separaten, funktionell aber fast identischen Apps für iPhone und iPad zahlreiche Funktionen hinzugefügt, inklusive der viel geforderten Stift- und Handschriftunterstützung. Dennoch bleibt auch das iOS-OneNote funktionell weit hinter dem Windows-Vorbild zurück. In Sachen Optik, Bedienung und Funktionsumfang liegt es eher im Bereich der Mac-Ausgaben und der Windows-10-App. Auch hier ist das lokale Speichern von Notizen nicht möglich, sondern Cloud-Nutzung (OneNote, OneNote for Business) oder SharePoint (z.T. nur in Verbindung mit einem Office-365-Abo) obligatorisch.
OneNote für Android
Was die OneNote-Apps für Android am meisten auszeichnet, ist die große Rührigkeit der Programmierer einerseits und der offenbar irgendwie experimentelle Charakter auf der anderen Seite. Soll heißen: In unregelmäßigen Abständen erscheinen Versionen mit Features, die man von anderen OneNote-Ausgaben nicht kennt (z.B. OneNote-„Badge“, vormals „Floatie“ genannt; ein Schnellstart-Button für OneNote, der sich über jede andere App legt). Über die OneNote-Beta-Gruppe in Google Plus kann man sogar kostenlos an Beta (und Alpha-) Tests für neue App-Versionen teilnehmen.
Andererseits fehlen OneNote für Android essentielle Funktionen. Ein Beispiel: OneNote für Android bekam als erste Mobil-Ausgabe Handschrift- und Zeichenfunktionen; ein „Undo“ fehlt aber bis heute.
Auch die Android-App von OneNote setzt zwingend OneDrive als Speicherort für Notizbücher voraus.
Natürlich hat das OneNote-Team bei Android ganz besonders mit einem ausgesprochenen System-Wildwuchs zu kämpfen (und sieht in diesem Kampf bislang nicht sonderlich gut aus). Es bleibt zu hoffen, dass auch Android-Nutzer möglichst bald vom offensichtlichen Bestreben der OneNote-Entwicklungsteams nach einer größeren Vereinheitlichung profitieren können.
OneNote für Windows Phone
Man sollte meinen, das Microsoft-eigene mobile Betriebssystem sollte die beste OneNote-App erhalten. Weit gefehlt. OneNote für Windows Phone 8/8.1 läuft zwar recht stabil, hinkt funktionell aber tatsächlich ein ganzes Stück hinter iOS- und Android-Ausgaben hinterher. Ob sich das mit dem wohl längst nicht für alle Windows-Phone- (=Lumia-) Nutzer verfügbaren Windows 10 Mobile ändern wird, ist unklar. Mein Nokia Lumia 630 gehört leider nicht zu den begünstigten Modellen, so dass mir praktische Erfahrungswerte noch fehlen.
Soviel ist aber sicher: Die Beschränkung auf Notizbücher, die auf OneDrive bzw. OneDrive for Business (SharePoint Online) gespeichert sind, gilt auch hier.
OneNote Online (Web-App)
Last but not least ist da noch die Web-Ausgabe von OneNote, erreichbar über www.onenote.com. Sie benötigt nichts weiter als einen halbwegs modernen Browser und ein Microsoft-Konto. Klar, dass auch sie nur mit online gespeicherten Notizbüchern umgehen kann. Obwohl OneNote Online, so die offizielle Bezeichnung für die Web-App, nach einigen optischen Auffrischungen inzwischen den Versionen für iOS, Mac und der Universal App recht ähnlich sieht, bildet sie funktionell das Schlusslicht. Um Notizen auf einem Rechner oder Mobilgerät ohne installiertes OneNote zu öffnen und auch ein paar Änderungen vorzunehmen, taugt OneNote Online allemal. Als produktive Alternative zu einer lokal installierten „richtigen“ OneNote-Version taugt die Web-App allerdings weniger. So reicht zum Beispiel der Horizont der Suchfunktion derzeit nicht über den aktuellen Abschnitt hinaus.
Ich habe ein recht umfangreiches Notizbuch aus Office 365 auf einem Windows 10 Notebook. Das Programm hängt sich jetzt leider laufend auf. Alle 20 oder 30 Sekunden steht oben „Keine Rückmeldung“, was dann zwar auch kurz wieder verschwindet, aber auch in diesen kurzen Intervallen sind Eingaben praktisch nicht mehr möglich. – Macht es Sinn, OneNote einmal komplett zu de- und dann wieder zu reinstallieren?
Schöner Artikel, danke! Aber: Seiten eines Notizbuches, die einmal mit der Windows-10-App angefasst wurden, lassen sich mit OneNote 2010 nicht mehr synchronisieren. Es gibt hier definitiv ein reproduzierbares Kompatibilitätsproblem.
Synchronisationsfehler: „Fehler beim Synchronisieren dieses Abschnitts oder Notizbuchs. (Fehlercode: 0xE000003D).“
Fehler beim Seitenaufruf: „Unbekannter Fehler beim Öffnen der Seite.“
Alle aktuellen Versionen (OneNote 2016, OneNote Online, OneNote for Android) haben kein Problem.
Erst einmal vielen Dank für diese Übersicht.
Die Vielzahl und der Funktionsunterschied der verschiedenen Versionen ist doch etwas verwirrend.
Eine Frage zu „OneNote für Windows 10“: hier finde ich keine Handschrifterkennung mehr. Ich bilde mir eine, diese Funktion war früher vorhanden.
Wenn mit „Handschriftenerkennung“ das Umwandeln von Hand- in „Maschinenschrift“ gemeint ist: Die gab es in der OneNote-App für Windows 10 noch nie. Diese Funktion ist bislang OneNote 2010/2013/2016 vorbehalten.
Hintergrund: Im Windows-Desktop-Onenote ist das Erkennen und Indexieren von Handschriftnotizen eine Funktion des Betriebssystems. Erkannter Text wird versteckt in der Notiz mitgespeichert und lässt sich entsprechend als Maschinentext einfügen.
Für die anderen OneNote-Versionen (Mac und mobile Apps) hat Microsoft eine separate serverseitige Handschrifterkennung implementiert (schließlich gibt es z.B. in iOS keine entsprechende Funktion, auf die OneNote zurückgreifen könnte). Die wird aber bislang nur genutzt, um in Handschriftnotizen suchen zu können; eine Umwandlung in Text ist nicht möglich.
Das geht nur mit einem umständlichen Trick (wobei die Frage ist, wie lange noch): Die entsprechende Notiz in OneNote 2010/2013/2016 öffnen und indexieren lassen (dauert nur ein paar Sekunden), nach der Synchronisation steckt auch hier die erkannte Handschrift in der Notiz. Jetzt kann man sie in einer mobilen OneNote-App markieren, in die Zwischenablage packen und in eine andere App übertragen, die nur Text versteht. Dabei wird in der Regel dann der „Maschinentext“ eingefügt, weil der mit im Clipboard gelandet ist.
Ob Microsoft auch für die Mobil-Apps eine Handschirft-in-Text-verwandeln-Funktion einführt, ist noch unklar, aber nicht ausgeschlossen.
Hallo Stefan
vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Das Wichtigste daraus: die OneNote-App hatte also diese Funktion nicht.
Dann täuscht mich meine Erinnerung.
Seit langem bin ich auf der Suche nach der Möglichkeit, einen Windows-Tablet als „echten“ Notizblock verwenden zu können.
Die technischen Anforderungen lauten also ungefähr so.
– Tablet mit Window 10
(kein Microsoft Surface)
– Bedienung / Schreiben mit Stylus
– Notiz-App: auf einem „virtuellen Stück Papier“ möchte ich handschriftlich schreiben
– die Notizen sollen aber als ASCII-Text in andere Programme übernommen werden können, z.B. WinWord
… daher meine Frage nach „Handschrifterkennung“, bzw. Umwandeln von Hand- in Maschinenschrift
– idealerweise lokales Speichern der Notizen, nicht in der Cloud
Deine Antwort und meine eigenen Forschungen bringen mich zu dem Schluss, dass es nur diese Lösung meinen Anforderungen einigermaßen entspricht:
– das offizielle Office 2013 bzw. Office 2016 Paket, dass dann OneNote mit der gewünschten Funktion enthält, auf einem Windows 10-Tablet
Wenn Interesse besteht, kann ich mal die Windows-Apps auflisten, die ich mir inzwischen angeschaut habe.
Gruß,
Thomas
Shon mal einen Blick auf myScript Nebo geworfen? https://www.microsoft.com/de-de/store/p/nebo/9nblggh4nlb0?SilentAuth=1&wa=wsignin1.0
Mit die derzeit beste Handschrift-Erkennungsrate auf dem Markt.
Ja, Nebo hatte ich auch angeschaut, kann aber auf meinem Tablet nicht installiert werden.
Benötigt aber eine i64 – Architektur.
Schade, Kritiken lesen sich sehr gut.