Vorsicht bei gleichnamigen Notizbüchern

Mehrere Notizbücher mit demselben Namen. Das geht doch gar nicht, oder? Doch, unter Umständen schon, auch weitgehend problemlos. Aber es birgt auch eine böse Falle.

In keinem gängigen Dateisystem ist es möglich, zwei gleichnamige Files im selben Ordner zu speichern. Auch nicht unter Windows, dessen Speichersystem ja noch auf DOS beruht. Aber in unterschiedlichen Ordnern dürfen sehr wohl gleichnamige Dateien liegen. Deshalb ist es in OneNote auch möglich, mehrere Notizbücher anzulegen oder geöffnet zu halten, die exakt dieselbe Bezeichnung tragen. Voraussetzung ist lediglich, dass sie an verschiedenen Orten gespeichert sind. Das können (im Office-OneNote) lokale Laufwerke/Verzeichnisse sein oder auch OneDrive und OneDrive for Business, evtl. auch da in verschiedenen Ordnern. Hinzu kommen noch Notizbücher, die jemand anderes freigegeben hat, die also in dessen Cloudspeicher liegen.

In all diesen Fällen haben die OneNote-Clients keine Probleme, gleichnamige Notizbücher parallel zu öffnen, bearbeiten zu lassen und zu synchronisieren. Sie sind ja durch ihre unterschiedlichen Speicherorte eindeutig definiert (siehe auch Bild ganz oben).

Das einzige Problem hier ist die Verwechslungsgefahr beim Bearbeiten. Schnell ist da eine neue Seite in dem Notizbuch angelegt, dass man gar nicht meinte und am Ende steht das große Suchen, im schlimmsten Fall sogar unterschiedliche Versionen derselben Inhalte, weil man mal in diesem und dann wieder im anderen Notizbuch die vermeintlich selbe Notizseite bearbeitet hat.

 

Die Backup-Falle

Daneben gibt es aber noch ein weiteres, diesmal technisch bedingtes Problem: Der Backup-Mechanismus der Desktop-Clients von OneNote für Windows, also OneNote 2010, 2013, 2016, auch in der kostenlosen Version. Der legt nämlich unabhängig vom eigentlichen Speicherort des Notizbuchs an genau einer (in den Optionen unter Speichern und Sichern festgelegten) Stelle Sicherungskopien in Form von .ONE-Dateien und Ordnern an. Mehr zu diesen Formaten und Strukturen im Beitrag One- und ONEPKG-Dateien öffnen.

 

Der im Desktop integrierte Backup-Mechanismus sichert regelmäßig (oder manuell gestartet) alle gerade offenen Notizbücher in einen festgelegten Ordner.
Der im Desktop integrierte Backup-Mechanismus sichert regelmäßig (oder manuell gestartet) alle gerade offenen Notizbücher in einen festgelegten Ordner.

Ein Notizbuch bekommt also einen gleichnamigen Ordner, jeder Abschnitt darin eine eigene ONE-Datei.

 

Die Testdaten: Drei Notizbücher namens "Kladde" an unterschiedlichen Speicherorten. Je ein Abschnitt ist unterschiedlich benannt ("Version 1" bis "Version 3"). Dazu gibt es einen weiteren Abschnitt namens "Section 1" in jedem der Notizbücher.
Die Testdaten: Drei Notizbücher namens „Kladde“ an unterschiedlichen Speicherorten, gleichzeitig in OneNote 2016 geöffnet. Je ein Abschnitt ist unterschiedlich benannt („Version 1“ bis „Version 3“). Dazu gibt es einen weiteren Abschnitt namens „Section 1“ in jedem der Notizbücher.

Nun sind also mehrere gleichnamige Notizbücher in OneNote für Windows geöffnet (siehe obiges Bild) und der Backup-Mechanismus springt an oder wird von Hand angeschoben. Jetzt passiert folgendes:

  • Das erste Notizbuch wird gesichert. Es entsteht (falls noch nicht vorhanden) ein neuer Ordner im Sicherungspfad, der den Namen des Notizbuchs trägt. Darin landen alle Abschnitte des ersten Notizbuchs als ONE-Dateien. Noch ist alles gut.
  • Das zweite Notizbuch ist dran. Der Backup-Mechanismus findet am Zielort für die Sicherung bereits einen passend benannten Ordner vor. Dass der von einem anderen, aber gleichnamigen Notizbuch stammt, weiß er schlichtweg nicht. Kein Problem. Ordner schon da (kann ja von einer vorigen Sicherung stammen), also schreibt er die Abschnitte des zweiten Notizbuchs als ONE-Dateien hinein.
  • Dasselbe dann mit eventuell noch weiteren gleichnamigen Notizbüchern. Sollte es nun jemals nötig sein, aus den Sicherungsdateien ein Notizbuch wiederherzustellen, fängt das große Zusammenklauben an. Denn alle Abschnitte aus allen gleichnamigen Notizbüchern liegen ja nun in einem einzigen Sicherungsordner.

Lästig, aber noch kein Beinbruch. Aber nur solange, wie die ursprünglichen Notizbücher ausschließlich unterschiedlich benannte Abschnitte enthielten. Jetzt kann es aber durchaus sein, dass es auch gleichnamige Abschnitte in verschiedenen Notizbüchern gibt, wie der Abschnitt „“Section 1“ im oben gezeigten Beispiel. Jetzt wird’s übel:

Beim Sichern des ersten Notizbuchs ist noch alles in Ordnung. Jetzt aber kommt das zweite. Die Abschnitte werden wie gehabt in den gemeinsamen Ordner geschrieben. Da liegt aber schon ein Abschnitt mit einem bestimmten Namen aus dem Notizbuch 1 (Section 1.one), der jetzt auch aus dem Notizbuch 2 gesichert werden soll. Es passiert das, was bei den meisten Dateisystemen passiert, wenn man eine Datei in einem Ordner speichert, der schon eine gleichnamige enthält: Die vorhandene wird einfach überschrieben.

Am Ende scheint es zwar so, als wären alle Abschnitte gesichert. Die gleichnamigen aus unterschiedlichen Notizbüchern erscheinen aber nur in Form einer einzigen entsprechend benannten ONE-Datei (hier: eine einzige Section 1.one). Die enthält natürlich nicht etwa die Inhalte aller ursprünglichen unterschiedlichen Abschnitte, sondern nur eine Sicherung des entsprechenden Abschnitts des letzten Notizbuchs in der Liste. Alle anderen Backups sind überschrieben; die entsprechenden Abschnitte überhaupt nicht gesichert.

 

Nur scheinbar alles in Ordnung. Die unterschiedlichen Abschnitte der drei gleichnamigen Notizbücher wurden alle im selben Ordner gesichert. Vom bei allen aber gleich benannte Abschnitt "Section 1" existiert aber nur eine einzige ONE-Datei. Sie gehört zum letzten Notizbuch. Die anderen beiden sind unwiederbringlich überschrieben.
Nur scheinbar alles in Ordnung. Die unterschiedlichen Abschnitte der drei gleichnamigen Notizbücher wurden alle im selben Ordner gesichert. Vom bei allen aber gleich benannten Abschnitt „Section 1“ existiert aber nur eine einzige ONE-Datei. Sie gehört zum letzten Notizbuch. Die anderen beiden sind unwiederbringlich überschrieben.

 

Die Moral von der Geschicht? Nutz‘ gleichnamige Notizbücher nicht! Jedenfalls nicht dann, wenn man den Sicherungsmechanismus von OneNote nicht aushebeln und im Ernstfall ganz ohne vollständiges Backup dastehen möchte.

4 Kommentare

  1. „Schöner“ Designfehler.
    Ich habe schon lange den Verdacht, dass gleichnamige Notizbücher auch die Ursache für andere Möglichkeiten des Datenverlusts sind.
    Wenn Du Lust hast, teste doch mal ein „Speicherort ändern“ von einem lokalen Notizbuch auf ein ungeöffnetes gleichnamiges Notizbuch auf Onedrive.
    Oder ein „Speicherort ändern“ von einem Notizbuch, dessen Master auf Onedrive gelöscht wurde (also nur noch lokal im Cache existiert) auf ein anderes aber gleichnamiges Notizbuch auf Onedrive.
    Ich hatte Fälle im engl. Forum, wo ich sowas als Fehlerquelle vermutet hatte, was sich aber nie klären liess.

    Bernd

  2. Hansjuerg Wuethrich

    Entschuldigung, aber wenn einer Lust und Zeit hat, kann er mir vielleiht mal einen einzigen Grund nennen, warum man mehrere Notizbücher mit dem exakt selben Namen haben soll ? Das ist doch irgendwie….neh? Danke

    • Stefan Wischner

      Dieser Tipp kam aus dem richtigen Leben, jedenfalls meinem 🙂

      Ich habe durchaus die Angewohnheit, auf allen möglichen Platten einen Ordner namens „Temp“ oder „Ramsch“ zu haben, teils auch in Unterordnern. Ebenso bei Notizbüchern, gerne auch auf verschiedenen MS-Accounts. Da gibt es leider immer wieder mal ein „Kladde“ oder „meine Kladde“ oder „Inbox“ oder „Archiv“. Nenn es Phantasielosigkeit oder mangelnde Selbststruktur bei der Namensgebung, oder einfach „bad habit“. Aber falls ich damit nicht alleine auf der Welt bin, habe ich diese Warnung für angebracht gehalten.

      • Hansjuerg Wuethrich

        Das ist interessant, danke…. Ja an solche Namen wie „Temp“ oder „Archiv“ und „Inbox“ habe ich jetzt gar nicht gedacht ! Darum auch meine Frage ! Aber ja klar, aus diesem Blickwinkel gesehen kriegt das natürlich einen ganz anderen Charackter ! Ich bin da halt von anderen Namen ausgegangen. Vielen Dank dass Sie etwas Licht in „mein“ Dunkel gebracht haben ! 🙂

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