Die kommenden Features in OneNote für Windows 10

Auf Microsofts Technik-Konferenz Ignite 2018 hat der OneNote Principal Product Manager Benjamin Hodes die als nächstes kommenden Features der Windows-10-App gezeigt.

Es kommt nicht oft vor, dass Microsoft sich in Sachen Roadmap und kommende Features in die Karten schauen lässt. Meist erfährt man über neue Funktionen erst mit einem Insider-Update.

Auf der diesjährigen Ignite in Orlando, Florida hat OneNote-Product-Manager Ben Hodes allerdings einige Funktionen gezeigt, die sich demnächst („in den kommenden Monaten“) nicht nur in der OneNote-App für Windows 10, sondern auch in anderen Clients (also etwa OneNote für den Mac oder iOS) manifestieren sollen. Seine Präsentation ist in voller Länge als Video auf YouTube verfügbar:

Die wichtigsten Neuerungen fasse ich im Folgenden zusammen und nenne auch die entsprechenden Stellen im Clip. Bitte entschuldigen Sie die schlechte Qualität der Screenshots. Sie stammen aus dem Video, die einzige derzeit verfügbare Quelle.

Suche nach Kategorien und Custom Tags

(Video: ab 7:01)

Mac-Nutzer, die am Office-Insiderprogramm teilnehmen, haben sie schon: Die neue Suche nach Kategorien. In der Präsentation von Ben Hodes sieht man dieselbe Umsetzung in der Windows-10-App, mit der also auch bald zu rechnen ist. So ganz kann mich die Implementierung noch nicht überzeugen. Mir fehlt vor allem die Kombination Suchbegriff(e)+Kategorie(n). Aber vielleicht schraubt Microsoft da bis zum Release noch ein bisschen.

Die Kategoriensuche soll „im nächsten Monat oder so“ kommen. Ob das auch für die zweite neue (alte, wenn man an OneNote 2016 denkt) Kategorien-bezogene Funktion gilt, ist unklar. Die Rede ist vom freien Definieren eigener Kategorien (Custom Tags). Hierzu zeigte Hodes nur ganz kurz einen Bildschirm, bei dem die beiden Optionen „Static“ und „Interactive“ neugierig machen. Leider ließ er sich dazu überhaupt nicht aus. Das spricht eher dafür, dass die Entwickler hier noch herumprobieren.

Mail aus Outlook an OneNote

(Video: ab 7:40)

Wie? Das gibt es doch schon längst. Stimmt, Nutzer von MS Office können von je her aus Outlook einzelne oder mehrere Nachrichten zur Archivierung an OneNote schicken. Allerdings erfolgt das mittels einer COM-API, einer Schnittstelle, die direkt mit dem installierten OneNote 2016 (oder früher) „spricht“. Als Ziel für die Mail können dadurch auch nur aktuell geöffnete Notizbücher dienen, dafür aber auch lokal gespeicherte. Da das Desktop-OneNote nach Microsofts Willen der Geschichte angehört, wird auch diese Schnittstelle verschwinden. An ihre Stelle tritt eine neue. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Microsoft die aktuelle REST-API nutzen wird, Mails also direkt an auf OneDrive oder OneDrive for Business gespeicherte Notizbücher schickt. Damit stünde als Ziel also jedes Notizbuch zur Verfügung; egal ob zuletzt geöffnet oder nicht. Allerdings bräuchte das auch eine aktive Internet-Verbindung.

Allerdings hat sich Hodges dahingehend geäußert, dass OneNote Mail „an die App“ sendet, nicht etwa „an OneDrive“. Möglicherweise läuft die Kommunikation doch lokal zwischen Win32-Outlook und UWP-App. Da müssen wir uns einfach überraschen lassen.

Auch lässt sich im Demo nicht erkennen, ob Mails wie bisher auch an bestehende Seiten angehängt werden können, oder als unterste Ebene (wie auf dem Video sichtbar) nur ein Abschnitt gewählt werden kann, in dem dann immer eine neue Seite entsteht. Hodes erwähnt aber explizit, dass man aus Outlook auch „into a page“ senden könne.

Einbetten von Dokumenten mit Vorschau

(Video: ab 8:28)

Besonders stolz führte Hodes die neue „Cloud Integration“ vor. Dahinter steckt das Einbetten von Dateien wie Word-Dokumenten in einen eigenen Frame auf der Notizseite. Das mag Nutzern der Windows-Desktop-Version seit OneNote 2013 bekannt vorkommen, ließen sich doch da schon Excel-Tabellen und Visio-Diagramme in einer Art Preview-Fenster einbinden. Das hier ist allerdings ein bisschen anders. Diese Funktion ist auch nicht zu verwechseln mit dem schon längst möglichen Einfügen von Dateiausdrucken.

Was bei der Demo leider nicht zu erkennen ist: Wird nur eine (die erste) Seite teilweise als Vorschau angezeigt, oder gibt es einen vollwertigen Inline-Reader, in dem man auch durch mehrseitige Dokumente blättern kann? Ein Drei-Punkte-Menü am oberen Rand lässt hoffen, dass sogar das Bearbeiten innerhalb von OneNote möglich ist, bzw. im Rahmen ein kompletter Inline-Editor enthalten ist. Man darf gespannt sein.

Ob und wie PDFs unterstützt werden, ist auch noch unbekannt; ich fürchte, dass es zwar geht, aber Word Online als PDF-Renderer (Viewer) benutzt, was nicht optimal ist. Laut Hodes werden derzeit nur Office-Dateien unterstützt, man wolle das aber auf andere Filetypen ausbauen.

Was ganz offensichtlich ist (und nie anders zu erwarten war): Das Ganze funktioniert ausschließlich mit Dokumenten und Dateien, die in der Cloud gespeichert sind, nicht mit lokal abgelegten. Letztere werden, das zeigt die Demo ja auch, erst auf OneDrive hochgeladen, bevor sie sich als Vorschau in OneNote einbetten lassen. Wenn es nach Microsoft geht, werden Dateien ja überhaupt nicht mehr auf dem lokalen Rechner abgelegt, von da her ist diese Implementierung wenig überraschend.

Einen Vorteil hat der Ansatz: Die Dokumente werden nicht mehr in die Notizseite eingebettet, sondern nur ein Link auf die Cloud-Datei. Das mindert den Speicherbedarf der Notizen natürlich gewaltig, verhindert zusätzliche Kopien und Versionswirrwar und beschleunigt zudem die Synchronisation. Dafür kann das dann allerdings eigentlich nicht offline klappen.

Verbesserte Navigation

(Video: ab 20:24)

Nein, die horizontalen Karteireiter für Abschnitte kommen nicht zurück; das war auch nicht zu erwarten. Microsoft hält am Design mit den links liegenden Listen für Notizbücher, Abschnitte und Seiten fest. Es gibt lediglich einige kleinere Anpassungen.

Ein neuer „Notebook-Switcher“ erlaubt das Wechseln des aktuellen Notizbuchs, ohne links neben Abschnitts- und Seitenliste eine dritte Liste zu öffnen. Dafür kommt eine zusätzliche Symbolleiste an den linken Rand (im Bild oben markiert), in der man offenbar zwischen der normalen Navigation, der Liste zuletzt erzeugter oder bearbeiteter Notizen und einer neuen Favoritenliste wechseln kann. Letztere soll eine zusätzliche Navigationsmöglichkeit zwischen häufig benötigten Notizseiten bieten.

Hodes verspricht zudem, dass dieses Bedienkonzept in den nächsten Monaten auf alle OneNote-Plattformen gelangen soll. Bei MacOS, OneNote Online und iPad kann ich mir das noch gut vorstellen. Bei Smartphones schon aufgrund der geringen Bildschirmfläche eher nicht. Was Android anbelangt: Dessen OneNote-Entwicklung hat Microsoft ja schon lange zu einem externen Team in Asien gegeben, das offenbar weitgehend einer eigenen Agenda folgt und sich vom OneNote-App-Design auf Windows, Mac und iPad weit entfernt hat. Man kann nur hoffen, dass die Entwicklung von OneNote für Android nun auch auf dieselbe Linie gebracht wird.

Q&A

Nachdem Hodes auf ein paar Features hingewiesen hat, die längst implementiert sind und bekannt sein sollten (das generelle Navigationskonzept, Immersive Reader, Diktieren…), kommt er zu einem weiteren interessanten Punkt, den er mit „Ich weiß, ich weiß, ich weiß…“ einleitet: Features, die zwar auf der ToDo-List stehen, aber wohl nicht in nächster Zeit zu erwarten sind. Dazu gehören Templates (Seitenvorlagen), schnelleres OCR, verbesserte Druckfunktionen, PDF-Handling und mehr Stiftgrößen.

Anschließend machte er erwartungsgemäß Werbung für die Windows-10-App vs. OneNote 2016 und startete dann die Frage+Antwort-Session. Wenig überraschend bezogen sich die meisten Fragen auf Features aus OneNote 2016 und ob sie in die App übertragen werden. Auf manche davon schien er mir etwas genervt, etwa auf die Frage nach lokalen Notizbüchern (kategorisch Nein) oder Onetastic (auch Nein, aber man denke über eine Erweiterungs-Schnittstelle, irgendwann vielleicht auch für Drittanbieter-AddOns nach).

Eine interessante Antwort kam noch auf die Frage, ob man in der App die Seitenliste an den rechten Rand packen könne („wie in OneNote 2016“…). Hodes meinte, man sehe sich das gerade an und das könnte durchaus kommen. Auch noch interessant: Auf die Frage, ob das Teilen von einzelnen Seiten oder Abschnitten geplant sei, wies Hodes darauf hin, dass – wie ich auch schon öfter vermutet habe – dazu eine Änderung der gesamten internen Filestruktur notwendig wäre; man prüfe das aber.

Sorry, aber: Vergesst OneNote 2016!

Eine persönliche Anmerkung sei mir noch erlaubt. Irgendwie mutet es schon seltsam an, dass Microsoft jedes Mal ein großes Fass aufmacht, wenn das OneNote-Team der App eine Funktion spendiert hat, die es im Desktop-OneNote schon seit vielen Jahren gibt. Böse ausgedrückt könnte man sagen, dass die Windows-10-App nicht mit jedem Update ein bisschen besser wird, sondern nur ein bisschen weniger schlecht.

Ich glaube aber, dass die OneNote-Ingenieure tatsächlich stolz auf das sind, was sie da basteln. Das könnte daran liegen, dass OneNote Win 32 (also OneNote 2010, 2013, 2016) für das aktuelle Entwicklerteam überhaupt nicht existiert oder allenthalben als vage Blaupause aus grauer Vergangenheit. Meines Wissens ist nämlich längst niemand von den ursprünglichen Entwicklern mehr dabei; der Originalcode könnte mäßig bis gar nicht dokumentiert sein und – dazu habe ich mal ein Statement von einem OneNote-Entwickler bekommen – auf undokumentierte Funktionen und sogar Bugs von Windows aufbauen. Auf jeden Fall war es immer eine Dauerbaustelle mit sichtbar mühsam angeflickten Code-Fetzen. Da geht man nicht mal mehr mit der Kneifzange ran.

Stattdessen ist ein neues Entwickler-Team offenbar davon überzeugt, auf der Basis einer bestehenden Idee und eines etablierten (aber nicht gerade durchdachten) File-Formats etwas ganz Neues zu schaffen.

Tatsächlich wäre die OneNote-App für Windows 10 für sich gesehen ein absolut geniales Programm – wenn, ja wenn es da den Vergleich mit den „alten“ OneNote-Versionen nicht gäbe und wenn die Marketing-Abteilung von Microsoft nicht jahrelang versucht hätte, uns OneNote als integralen Bestandteil von MS Office zu verkaufen – was es schon technisch nie wirklich war.

3 Kommentare

  1. Bei den Custom Tags (und natürlich auch den angekündigten Templates) würde mich sehr interessieren, wo die abgespeichert werden sollen. Von der Philosophie her gehören sie zentral abgespeichert, also in der Cloud.
    Aber das funktioniert nicht offline, wie Du ja schon an anderen Stellen erwähnt hast. Hier trifft mal wieder der Cloud Hype auf die Realität.

    Bernd

    • Ich glaube, dass OneNote (wie auch alles andere, was Microsoft macht) mehr und mehr auf „always online“ setzt. Gilt ja auch für viele Funktionen die die Cognitive Services nutzen (Immersive reader, Bilder-OCR, Diktieren, Handschrift-Erkennung…). Das eine oder andere (z.B. Custom Tags) könnte man aber auch mit in den Cache kopieren, braucht ja kaum Speicher.

      • Und da setzt das Problem an!
        Als Student oder in der Wirtschaft habe ich nicht zwingend immer überall Internet. Und da offenbart sich das größte Problem. Office und OneDrive bieten mir ein problemloses Arbeiten im offline-Bereich.
        Dies funktioniert aber mit einer App, die sobald sie offline genutzt werden möchte, sofort rumheult nicht!

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