OneNote für iOS 2.18: Coole neue Features, aber…

Die neue OneNote-App für iPad und iPhone bringt Audio-Notizen, Auto-Formen und einen coolen Color-Picker. All diese neuen Features kommen jedoch mit mindestens einem „Aber“.

Da hört Microsoft auf die Anwender und bringt endlich Audio-Notizen in die iOS-App und dazu noch ein paar Features, die alle anderen OneNote-Versionen nicht haben und Wischner mault wieder. Lesen Sie, was ich an den neuen Funktionen – oder vielmehr an deren Umsetzung – auszusetzen habe und entscheiden selbst, ob ich nur ein notorischer Nörgler bin.

 

Audio-Aufzeichnungen in Notizen

Einer der dringenderen Wünsche für die iOS-App war im Uservoice-Forum schon lange die Unterstützung von Audio-Mitschnitten direkt in eine Notizseite, wie sie unlängst OneNote für den Mac erhalten hat. Bislang musste man hierfür eine externe Diktier-App bemühen und die Aufzeichnung dann an OneNote schicken. Ab sofort geht’s viel einfacher:

Die Stelle auf der Notizseite antippen, an der das Icon für die Audiodatei landen soll, Einfügen-Menü öffnen, auf Audio tippen, losquatschen. Simpel, intuitiv, funktioniert. Was gefällt mir nun daran nicht? Das sind gleich mehrere Punkte:

  1. In OneNote für PC und Mac ist der Clou von Audio-Mitschnitten, dass man während der Aufnahme Notizen tippen kann und diese dann mit der entsprechenden Stelle in der Aufnahme verknüpft werden. Später braucht man nur den Play-Button neben der entsprechenden Notiz antippen und die Wiedergabe wird an der Stelle gestartet, an der man die jeweilige Notiz gemacht hat. Cool, gell? Nur nicht auf iPad und iPhone. Hier blockiert die laufende Aufnahme nämlich die OneNote-App komplett. Solange aufgezeichnet wird, kann man weder etwas tippen noch blättern noch sonst etwas in OneNote tun. Die Frage, ob sich einzelne Stellen in der Aufnahme mit Notizen verknüpfen lassen, stellt sich somit schon gar nicht.
    Endlich Audio-Aufnahmen direkt in der OneNote-App. Leider ist die dabei komplett blockiert (sichtbar am abgedunkelten Hintergrund) . Notizen während der Aufnahme? Geht nicht.
    Endlich Audio-Aufnahmen direkt in der OneNote-App. Leider ist die dabei komplett blockiert (sichtbar am abgedunkelten Hintergrund). Notizen während der Aufnahme? Geht nicht.
  2. Zumindest in der Windows-Desktop-Version von OneNote (also OneNote 2010-2016) werden Audioaufnahmen indexiert. Das bedeutet: Ist diese Indexierung mal erfolgt, kann man tatsächlich nach gesprochenen Begriffen suchen. Noch cooler. Aber nicht auf iPad und iPhone. Ehrlich gesagt habe ich nicht erwartet, dass eine Audio-Indexierung in der App erfolgt. Das ist ein reiner Windows-Mechanismus, weshalb es auch keine Audio-Suche in OneNote auf dem Mac gibt.
  3. Und das ist nicht nur bei der iOS-Version so, sondern auch bei OneNote für den Mac: Das Aufzeichnungsformat. Nimmt man eine Notiz mit OneNote 2010-2016 auf, landet sie als WMA-9-Datei in der Notiz und wird auch indexiert (für die Suche nach Stichworten). Alle anderen OneNote-Versionen, jetzt auch die für iOS, zeichnen aber MP4 auf. Diese Dateien kann OneNote für Windows abspielen, indexiert sie aber offenkundig nicht. Andersherum noch schlimmer: OneNote für iOS und Mac spielen zwar die eigenen MP4-Aufnahmen ab, liefern aber bei denen, die mit dem Desktop-OneNote gemacht wurden (WMA), nur eine Fehlermeldung. Das halte ich schlichtweg für Murks.

 

Kurzum: Ja, man kann jetzt Audioaufzeichnungen direkt in einer Notiz machen. Aber da geht mehr. Zumindest das Notieren während der Aufnahme würde dieses Feature von den unzähligen Diktier-Apps im App-Store abheben. Allerdings darf man hier auch auf mehr hoffen. Zitat aus dem Blogbeitrag von Microsoft: „We’re excited about our first version of audio recording for iOS, but have plenty of additional features we plan to add.“

Übersetzt in etwa: „Wir freuen uns über unsere erste Version (!) der Audio-Aufnahmefunktion für iOS aber wir planen noch eine Menge weiterer Features.“

 

Color Picker: Eye-Candy für iOS-Verwöhnte

Weiter mit der hübschesten und – wie ich finde – unwichtigsten neuen Funktion: Der Farbauswähler für Zeichenstifte. Statt einem schnöden rechteckigen Feld mit Farbkacheln zur Auswahl (das aber perfekt ins übrige OneNote-Design passte) gibt’s nun einen hübsch animierten Farbkreis, den man mit dem Finger rotieren lassen kann wie eine Rouletteschüssel (siehe Bild ganz oben).

Klarer Vorteil gegenüber der vorherigen Lösung: Es sind weit mehr Farben und Schattierungen wählbar. Das dürfte aber in erster Linie nur interessant sein, will man OneNote als Zeichen- und Malprogramm einsetzen, was jetzt nicht die größte Stärke der App ist. Dafür bricht dieser Farbkreis (ach, dahin ist das Radialmenü der Windows-App ausgewandert…) mit allen UI-Konventionen von OneNote. Gerade jetzt, wo Microsoft offensichtlich bemüht ist, Oberfläche und Design der einzelnen OneNote-Fassungen (zumindest Universal App, iOS, OneNote Online, Mac-Version) aneinander anzunähern. Na gut, soll sein.

 

Autoformen: Im Prinzip genial

Ein Feature, dass bislang PowerPoint für Windows vorbehalten war: Aus per Stift ungelenk gekritzelten Formen werden automatisch perfekte geometrische Figuren, also Kreise, Dreiecke, Rechtecke. Naja, zum Glück nicht ganz automatisch; man muss die Option durch Antippen der neuen Schaltfläche In Formen konvertieren explizit aktivieren. Manchmal möchte man ja gerade den schwungvoll charakteristischen Kringel um eine Textstelle in einem importierten PDF haben und keinen zirkelgenauen Kreis. Und was passt mir daran nicht?

Vor allem zwei Dinge: Erstens ist die Formenerkennung deutlich schlechter als bei PowerPoint. Fünfecke klappen manchmal, Sechsecke bekomme ich nie hin. Elipsen, und kringele ich sie noch so schmal, mutieren in den meisten Fällen zum Vollkreis. Meine am häufigsten verwendete Freihandform ist eine simple Linie; die wird aber leider überhaupt nicht behandelt.

Zweitens, und das finde ich deutlich nerviger, möchte ich eine falsch platzierte Form an die richtige Stelle rücken können. Oder einzeln markieren, um sie gezielt zu löschen. Das Verschieben, Verändern oder gezielte Markieren von Containern (Inhaltsrahmen), Bildern oder eben grafischen Objekten erlaubt die OneNote-App aber nach wie vor nicht. Das wäre mir weit wichtiger gewesen.

Autoshapes: An sich eine gute Idee, zittrige Kringel automatisch zum perfekten Kreis zu formen. Ein bisschen was fehlt aber noch.
Autoshapes: An sich eine gute Idee, zittrige Kringel automatisch zum perfekten Kreis zu formen. Ein bisschen was fehlt aber noch.

Bleibt das Sprichwort vom geschenkten Gaul. Die neuen Features sind ganz nett. Und auch, wenn ihr praktischer Nutzen sich bei vielen Anwendern wohl in Grenzen hält, stören sie zumindest nicht. Bei der Audio-Aufzeichnung muss aber definitiv noch etwas mehr kommen.

Alles in allem zeigt auch dieses Update, dass Microsoft nicht daran interessiert zu sein scheint, die unterschiedlichen OneNote-Versionen an das große Vorbild aus dem Office-Paket anzunähern. Vielmehr geht es um experimentelle Featuritis (Android-Nutzer können erst recht ein Lied davon singen, siehe Floatie bzw. Badge), die sich wenig um die dringenden Wünsche der meisten Nutzer (siehe Uservoice-Foren) schert. Fast wirkt es so, als gäbe es eine schwarze Liste von Funktionen, die nicht umgesetzt werden dürfen (beim lokalen Speichern bin ich mir da sogar sehr sicher). Dafür dürfen sich die Entwickler anderweitig austoben. Mal sehen, was ihnen zur nächsten iOS-Version einfällt.

4 Kommentare

  1. Ich kann Ihnen da leider nur zustimmen Hr. Wischner. Das mit der schwarzen Liste ist nicht unwahrscheinlich. Ich habe nun ein IPad Pro, wollte ein verbessertes Onenote als einziges Notizprogramm nutzen. Da aber ohne Lupenfunktion, wie es in allen gängigen Notizprogrammen üblich ist, keine vernünftigen handschriftlichen Aufzeichnungen – ich rede hier von Protokollen von 2-5 DIN A4 Seiten – möglich sind, ist Onenote für mich raus. Um das ansonsten geniale System dennoch nützen zu können, ich will im Office365 Universum bleiben mit den Daten und mich nicht verzetteln, weiche ich wohl auf Outline+ aus, damit ich mit Onenote/Onedrive syncen kann. Eigentlich schade, aber MS will wohl weiterhin das Surface besser stellen als IOS.

  2. Mit der „schwarzen Liste“ meinte ich allerdings bestimmte Features, die von OneNote 2013/2016 her bekannt sind. Die von Ihnen gewünschte Lupenfunktion gibt es so aber auch nicht im Desktop-OneNote und somit auch nicht auf dem Surface.
    Vor Outline+ muss ich eher warnen. Nach meinem Wissen und bestätigt durch eigene Tests verwendet das auf OneDrive einen eigenen Sync-Mechanismus, der ziemlich leicht zu Synchronisationsfehlern, duplizierten Abschntiten und Schlimmerem führt.

    • Ja, habe die Erfahrung jetzt gemacht. Der Sync bei Outline+ funktioniert nicht gut. Allerdings muss ich meine negative Meinung bzgl. Handschrift in OneNote komplett revidieren: Durch die Größe des IPad Pro ist eine Bildschirmlupe komplett überflüssig. Mit dem Apple Pencil schreibt es sich perfekt. Habe alle anderen Handschrift Notizapps wie Goodnotes oder Notability vom Pad verbannt. OneNote ersetzt nun alle. Und wenn dann noch Aufgaben zu Erinnerungen wandern, Audioaufnahmen parallel laufen…. dann wäre es genial 🙂

      • …genau Letztgenanntes vermisse ich extrem…die Möglichkeit (ich nutze ipad mini) aus der Notiz heraus eine Erinnerung zu kreieren, ist nicht möglich…wobei es in den Desktop-Varianten unter Windows scheinbar möglich ist. Schade…ich hoffe, dass bald dieses auch möglich ist.

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